Gedanken zum Abschied

Die Zeit in Beijing neigt sich dem Ende zu. Ich blicke zurück und hinein was dieses Kapitel meines Lebens für mich bereit hielt.

 

Ich stelle glücklich fest, dass ich mich bereit gemacht habe für diese Rückkehr. Dass mein Herz nicht schmerzhaft festhält sondern liebevoll einpackt in meine Schatztruhe. Ich umarme liebe und großartige Menschen, die ich treffen durfte. Ich umarme diese faszinierende Kultur mit ihren schönen Geschichten und ihren Weisheiten. Ich umarme diese einzigartige Natur, diese grünen, sanften Berge - meine friedliche „Hügellandschaft“ - in die ich auf unseren unzähligen Wanderungen hinein staunen durfte. Ich umarme das wuselige Treiben dieser Hauptstadt. Das Vorbeisurren der E-Scooter, das Klappern der Leihräder, das Auf-Sich-Aufmerksam-Machende-Hupen. Ich umarme den Klang der Märkte, den Klang der Stimmen, die Ruhe in der vollbesetzten U-Bahn. 

 

Ich umarme die Schnelligkeit und Langsamkeit zugleich. Das neue Faszinierende, das Boomende immer neu Kreierende, die Handy-Erleichterung des Alltags weil ich mit meinem Handy in diesem Land alles kann. Einkaufen, U-Bahnfahren, bezahlen, Geld schicken, Geld empfangen, mich ausweisen, verknüpfen, übersetzen, Fotos machen, Nachrichten schreiben und auch telefonieren. 

 

Ich umarme diese zauberhafte Langsamkeit in den noch letzten Traditionsvierteln - den Hutongs. Nachbarn, die sich auf der Strasse begegnen, auf ihren kleinen Hockern sitzen, lauschen, schweigen, reden, lachen, essen, spielen & sich gemeinsam das Hutong-Bad & WC teilen - zusammen mit allen Hutong-Besuchern. Ich umarme den glücklich vor sich hin radelnden Menschen jenseits des Trubels, seinen Einkauf vom Markt auf den Gepäckträger gespannt. Ich umarme das Glück, das die Menschen hier spüren und ausstrahlen inmitten ihrer einfachen Lebensumstände. 

 

Ich umarme das Gefühl mitzuradeln in einem Pulk von Einheimischen. Ich umarme diese Glückseligkeit unter ihnen zu sein. Auch wenn es mich nachdenklich stimmt, wenn ich mir vorstelle, wo sie herkommen, wie hart sie möglicherweise auch in mehreren Jobs arbeiten und ihr Geld nach Hause schicken - zu ihren Familien in den abgelegenen Provinzen. Sie jammern nicht, dass sie ihre Kinder, Ehegatten und Familien nur zweimal im Jahr sehen. Sie jammern nicht, dass sie oftmals in kleinen Zimmern leben, manchmal ohne Fenster und Bad/WC auf dem Flur. Es gehört für sie zum Leben dazu, auch wenn es schwer ist.

 

Ich umarme die Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit der Menschen in diesem Land. Ihre Fähigkeit zu akzeptieren und anzunehmen - nicht immer in Frage zu stellen und möglicherweise gerade deshalb glücklich zu sein.

 

Ich bin dankbar und gefüllt mit Eindrücken und Ideen. Ich durfte einen neugierigen Blick auf diesen Teil der Welt und ihre Menschen richten. Und auch wenn ich das Gefühl habe, erst an der Oberfläche gekratzt zu haben, so spüre ich die Verbundenheit zwischen mir und dem Wissen. Wie ein sanfter Fluss fließt dieses Wissen weiterhin zu mir, inspiriert und nährt meine Ideen. Nährt meinen Blick auf die Welt, ihre Natur und ihre Lebewesen. Nährt meinen Herzens-Wunsch, etwas zu kreieren, das einen Unterschied macht. Etwas, das glücklich macht, Herzen öffnet. Verbundenheit schafft. Heilt. 

 

Alles Liebe

deine Yamina

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